Nichts für schwache Nerven – Erzieher*innen sind wahre Multitalente

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Kinder bespaßen und gute Laune verbreiten – das kann ja wohl jede*r, oder? Ein bisschen basteln, ein bisschen spielen, Ausflüge vorbereiten und eine Tasse Kaffee mit den Eltern trinken. Das klingt doch nach einem gemütlichen Beruf.

 

Diese Klischees halten sich immer noch hartnäckig. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und dem Lockdown dürfte jedoch vielen klar geworden sein, dass zu diesem Berufsfeld viel, viel mehr gehört.

Ein Beruf mit vielen Herausforderungen
Sicherlich ist eine der wichtigsten Eigenschaften in diesem Berufsfeld die Freude an einer Lern-Gemeinschaft mit Kindern. Dazu braucht es dann noch Verantwortungsbewusstsein, Entscheidungsfähigkeit, vorausschauendes Handeln, Teamfähigkeit und Selbstreflexion. Wichtig ist auch ein hohes Maß an Offenheit und Kreativität, denn man muss sich auf unvorhersehbare Situationen einstellen können. Die Corona-Pandemie hat dies eindrücklich gezeigt.

Ein wichtiger Bestandteil des Berufes ist das Beobachten, Analysieren und Dokumentieren von Entwicklungsfortschritten (z. B. Motivation und Sozialverhalten) der Kinder. Auf dieser Grundlage werden langfristige Erziehungspläne erstellt und entsprechende pädagogische Maßnahmen vorbereitet, die die individuelle Entwicklung unterstützen. Besonders wichtig ist dabei der Aufbau und die Pflege einer vertrauensvollen Erziehungspartnerschaft mit den Eltern.

Daneben bestimmen in den letzten Jahren zunehmend auch weitere Themen den Arbeitsalltag: Kindesschutz, Impfschutz, Datenschutz und Ernährungsfragen sind nur einige Stichworte.

Kitaleitung: Ein Spagat zwischen pädagogischer Arbeit und klassischen Managementaufgaben
Als Kitaleitung erweitert sich das Aufgabengebiet rasant um eine Vielzahl an Managementaufgaben:

  • Personalführung und -entwicklung
  • Konzeptionsentwicklung
  • Zusammenarbeit mit dem Träger
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Vernetzung in den Sozialraum hinein
  • Budgetverwaltung
  • Fort- und Weiterbildungsmanagement
  • Krisenmanagement – eine besondere Herausforderung in Zeiten von Corona

Neben einer fundierten Ausbildung von Fachkräften ist die gute Qualifizierung von Leitungspersonal eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale im Berufsfeld Kita. Wer in Qualität investieren will, muss der Leitung ausreichend Zeit und den Raum für Führungsaufgaben geben. Mit dem Leitungsbonus ist hier von Seiten der bayerischen Staatsregierung ein wichtiger und richtiger Schritt gegangen worden. Allerdings profitieren noch nicht flächendeckend alle Kitas in Bayern von dem Bonus. Deshalb muss nun der Leitungsbonus weiter ausgebaut und gesetzlich verankert werden.

Hohe Zufriedenheit mit der Berufswahl – geringe Wertschätzung durch die Gesellschaft
In der kürzlich vorgestellten OECD-Vergleichsstudie "TALIS Starting Strong – Teaching and Learning International Survey", eine Fachkräftebefragung in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (Dänemark, Norwegen, Israel und Deutschland), ist u.a. die Zufriedenheit von pädagogischen Fachkräften mit ihrer Berufswahl abgefragt worden. Diese war ausgesprochen hoch: Mehr als 90 Prozent aller Befragten gaben an, dass sie „alles in allem“ zufrieden sind. Bei der Frage nach der Wertschätzung ihres Berufes durch die Gesellschaft gaben in Deutschland lediglich 37 % an, dass ihre Arbeit in der Kita gesellschaftlich anerkannt ist und wertgeschätzt wird. Auch wenn in den anderen Ländern die gesellschaftliche Würdigung des Berufes mit ca. 50 % ein wenig höher eingeschätzt wurde, so ist dies doch ein klarer Auftrag, sich weiterhin für strukturelle Verbesserungen in diesem Bereich einzusetzen und diese auch durchzuführen.

(http://www.oecd.org/education/school/oecd-starting-strong-teaching-and-learning-international-survey.htm)

Was ist zu tun?
Silvia Herzig, Leitung in der Maintal-Kindertagesstätte Schönbrunn (Bad Staffelstein), hat hier klare Vorstellungen dazu.

„Für eine gute Qualität in unseren Kitas ist die Professionalisierung durch Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte unerlässlich. Mit der Ausbildung wird zwar ein guter Grundstock geschaffen, aber wer diesen Beruf wählt, wählt damit ein lebenslanges Lernen“, so Silvia Herzig.

Sie ist sehr stolz auf Ihre berufliche Tätigkeit und sich ihrer Rolle als Anwältin der Kinder voll bewusst. Allerdings versteht sie nicht, warum es sowohl in der Außenwahrnehmung als auch bei der Bezahlung so einen großen Unterschied beispielsweise zu Lehrkräften gibt.

„Wir begleiten und fördern die kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten unserer Kinder. Die emotionale und soziale Selbstwirksamkeit ist ein Meilenstein in der psychosozialen Entwicklung der Kinder und schafft die Voraussetzungen nicht nur, um in der Schule gut zu bestehen, sondern letztendlich auch für ein gesundes und selbstbewusstes Heranwachsen. Wir legen gemeinsam mit den Eltern quasi den Grundstein für all die Herausforderungen, die da auf unsere Kinder zukommen werden. Eine Investition für unser aller Zukunft. Ich plädiere daher schon sehr lange für eine enge, strukturelle Bildungspartnerschaft mit dem Schulsystem“, betont Silvia Herzig. „Ich bin überzeugt, dass mit mehr Wissen über die Vielseitigkeit und die Professionalität unseres Berufes und mit einer angemesseneren Entlohnung sich mehr junge Menschen für eine Ausbildung in diesem Bereich entscheiden würden!“

Lesen Sie hierzu auch unsere Pressemitteilung vom 30.07.2020.

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