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Wasser im Außenbereich der Kita - ein Bedürfnis vieler Kinder und mögliches Übungsfeld für demokratisches Handeln!

 „Mit Sand und Wasser kann man so schöne Kuchen backen.“ Ein Krippenkind quietsch vergnügt, als es in die Wanne mit Wasser steigt. Ein weiteres Kind sitzt mit herunterhängenden Schultern und traurigem Gesichtsausdruck in der Gruppe und beobachtet die anderen Kinder, die draußen im Wasser spielen.  „Kann ich eine Gießkanne Wasser für den Sandkasten haben?“ „Machst du bitte den Rasensprenger an?“ „Ist ja doof, dass wir heute nicht mit Wasser planschen können.“ „Die Anne hatte schon zwei Eimer Wasser, ich noch keinen. Das ist unfair!“ Zwei Kinder in der Krippengruppe beobachten im Sandkasten begeistert, wie Wasser durch das Wasserrad läuft und das Rad antreibt.

Kennen Sie solche Aussagen und Verhaltensweisen von Kindern?

Was passiert hier? Kinder äußern ein Bedürfnis, das Bedürfnis im Außenbereich mit Wasser zu spielen, zu planschen zu experimentieren.

Im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan für Kindertageseinrichtungen bis zur Einschulung ist Partizipation als Schlüsselprozess beschrieben. Ausgewählte Bildungs- und Erziehungsziele im Kontext von Partizipation sind:

  • Eigene Bedürfnisse erkennen, äußern, begründen und vertreten.
  • Die Sichtweisen anderer wahrnehmen und respektieren.
  • Erfahren, dass man auf seine Umgebung einwirken, etwas erreichen und selbst etwas bewirken kann. Verantwortung für sich und andere übernehmen. Sich zuständig fühlen für die eigenen Belange und die der Gemeinschaft.
  • Kompromisse finden, gemeinsam Lösungen entwickeln.

Somit sind Sie mittendrin im professionellen pädagogischen Handeln, wenn Sie auf die Äußerungen der Kinder eingehen.

Sie nehmen ein starkes Interesse am Element Wasser wahr? Dies könnte im Sinne der Planungsfunktion von Beobachtung dazu führen, dass Sie mit Kindern stärker/intensiver auf das Thema Wasser eingehen. Vielleicht entsteht ein Projekt daraus. Die Umwelt mit allen Sinnen wahrnehmen ist ein Bildungs- und Erziehungsziel im Bereich der Umweltbildung. Weitere Ziele sind z. B. Werthaltungen der Natur gegenüber entwickeln oder Eigenschaften von Wasser kennen lernen, dessen besondere Bedeutung verstehen, Einsichten in den ökologischen Wasserkreislauf gewinnen. Gehen Sie auf dieses Interesse ein, lernen Kinder im Sinne der Hirnforschung mit Begeisterung!

Bei einigen der eingangs genannten Aussagen und Verhaltensweisen der Kinder könnte es sich zudem um direkte und indirekte Beschwerden, um Ermöglichungsbeschwerden handeln mit den an Sie gerichteten Appellen: „Lass mich mit Wasser spielen, wenn ich Lust darauf habe.“ „Wir brauchen eine verbindliche Regelung, wie wir Wasser nutzen können.“ oder „Sorge für eine gerechte Verteilung des Wassers für alle Kinder.“  Diese Beschwerden könnten Anlass dafür sein, gemeinsam mit Kindern gute Lösungen zu finden. Nehmen Sie Beschwerden von Kindern ernst und entwickeln gemeinsam Lösungen, erleben sich Kinder selbstwirksam. Selbstwirksamkeit ist ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung von Resilienz.  

Im genannten Beispiel können auch mögliche Machtstrukturen deutlich werden. Macht ist im pädagogischen Kontext (immer) präsent. Deshalb ist ein kritischer Blick auf Machtstrukturen in der Kita sehr wertvoll und lohnenswert.  Eine Dimension von Macht (in Kitas) ist die Verteilungsmacht. Erwachsene haben die Macht, zu bestimmen wann es wie viel Wasser im Außenbereich gibt. Eine weitere Dimension ist die Definitions- und Deutungsmacht. Was löst es wohl beim Kind aus, wenn Sie z.B. sagen: „Wir dürfen nicht so viel Wasser verschwenden!“ Ist es tatsächlich Verschwendung, wenn Kinder beim Spiel mit Wasser wichtige lustvolle Erfahrungen machen? Eine dritte Dimension ist die Mobilisierungsmacht. Hier könnte ein Beispiel sein: „Wenn Ihr schnell aufräumt können wir draußen noch das Wasser aufdrehen.“ Eine vierte Dimension ist die Handlungs- und Gestaltungsmacht: Sie legen den Tagesablauf fest, z. B. mit oder ohne Zeit für den Garten.

Partizipation heißt, Macht demokratisch zu teilen und die Bedürfnisse, Interessen und Themen der Kinder ernst zu nehmen.

Oft sind es, wie in diesem Beispiel deutlich wird, alltägliche Situationen und Themen der Kinder in denen die vielen Facetten, die Bandbreite von Beteiligungsmöglichkeiten und der Umgang mit Beschwerden nicht nur in Konzeptionen und Kinderschutzkonzepten beschrieben sind, sondern im Miteinander mit Leben gefüllt werden. Ein wunderbares Übungsfeld für demokratisches Handeln!

Ideen und Impulse, wie ein an Kinderechten orientierter Umgang mit diesen Herausforderungen aussehen könnte finden Sie hier. 


Der Beitrag wurde verfasst von Michael Heller, Pädagogischer Qualitätsbegleiter beim Evangelischen KITA-Verband Bayern.

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