„Klar, solche Kinder gab es schon immer. Aber wird das nicht irgendwie immer schlimmer? Schwer zu sagen. Für meine Beratungstätigkeit aber stelle ich fest: die Hilferufe aus den Einrichtungen häufen sich“, so Warning.
Immer mehr Mitarbeitende und Teams kommen an ihre Grenzen. Pandemie, Krieg, gesellschaftliche Problemlagen, übervolle Gruppen, Fachkräftemangel und Personalfluktuation machen etwas mit den Menschen. Den Kleinen, aber auch den Großen.
Holger Warning berichtet: „Es häufen sich auffallend Beratungssettings in Verbindung mit externalisierendem Verhalten. Kinder sollen die Kita verlassen, weil sie zu schwierig sind. Oder Mitarbeitende selbst verhalten sich grenzverletzend, weil sie am Anschlag sind. Dann oft mit bitteren Konsequenzen für sie selbst.“
Häufig werden die Ursachen für das Verhalten der Kinder leider immer noch ausschließlich dem Kind und den Eltern zugeschrieben und Therapien oder Einrichtungswechsel vorgeschlagen. „Tatsächlich reagiert das Kind aber nur folgerichtig auf die Bedingungen seines gesamten Umfeldes. Und nicht so selten sind m.E. aber auch die Kitas selbst ungewollt Verstärker des beklagten Verhaltens, etwa durch zu viel Sitzen, zu viele Regeln, zu enge Räume oder zu wenig persönliche Zuwendung.“ Es fehle vielfach aber schlicht an Zeit und Ressourcen, sich intensiv mit dem eigenen pädagogischen Setting zu beschäftigen - bis es dann zu einer krisenhaften Situation komme.
„Aus meiner konkreten Beratungspraxis heraus ist in den letzten Monaten zusammen mit verschiedenen Teams ein Papier entstanden, das die Kita selbst in den Blick nimmt und Haltungen, Konzept, Strukturen und die Teamarbeit hinterfragt, um zu sensibilisieren und Veränderungsprozesse anzustoßen, damit die Teams mit Verhaltensirritationen besser umgehen können und so manche herausfordernde Situation vielleicht sogar von vornherein vermeiden. Und somit nicht nur die Kinder, sondern auch sich selbst schützen. Denn eines ist wohl klar: nicht nur die Kinder sind für uns Erwachsene manchmal eine Herausforderung – wir sind es für sie auch.“