Quereinstieg in die KITA – Eckpunkte fürs Gelingen / evKITA im Gespräch mit Sozialministerin Ulrike Scharf

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(Nürnberg, 08.12.2022) Auf der ConSozial, die am 7./8. Dezember in Nürnberg stattfand, setzte sich der Evangelische KITA-Verband Bayern (evKITA) für verbesserte Rahmenbedingungen beim Quereinstieg in das Arbeitsfeld Kita ein.

 „Über den Fachkräftemangel in Kitas wird nicht nur überall gesprochen, er ist vor allem vor Ort in den Einrichtungen und bei den Trägern – und damit auch bei den Kindern und ihren Familien zu spüren. Wir müssen daher dringend alle Möglichkeiten ausschöpfen, um den Ein- und Umstieg in das Berufsfeld zu erleichtern“, so Christiane Münderlein, Vorständin Bildung und Soziales beim evKITA.

Beim Presserundgang der Sozialministerin Ulrike Scharf konnte der evKITA Eckpunkte für das Gelingen von Quereinstiegen vorstellen. 

Nicole Lustig, selbst vor 9 Jahren als Diplom-Kauffrau von der Unternehmensberatung in das Arbeitsfeld Kita gewechselt: „Ich habe über meine Kinder einen Einblick in das Arbeitsfeld Kita bekommen, habe hautnah erlebt, wie dort gearbeitet wird und wie sinnvoll die Arbeit ist – und wieviel Spaß und Freude sie machen kann. Nicht zuletzt ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Kita deutlich besser als in meinem vorigen Job.“

Christiane Münderlein kommentiert dies aus Arbeitgebersicht: „Derzeit sind natürlich viele Arbeitsfelder auf der Suche nach qualifizierten Quereinsteiger*innen. Es gibt jedoch wenige Arbeitsorte, zu denen Menschen einen so guten Zugang haben. Über die Kinder können gute Kontaktflächen entstehen und für die Leitungen ergeben sich dadurch Möglichkeiten, engagierte Menschen anzusprechen, die sie zum Beispiel als Vorleseeltern in der Kita erleben.

Nicole Lustig beschreibt ihren Kita-Einstieg so: „Obwohl ich studiert habe und in meinem Erstberuf viel Verantwortung hatte, musste ich im System Kita ‚ganz unten‘ anfangen – auch finanziell. Das kann sich nicht jeder leisten. Bei der Arbeit in der Kita habe ich viel von meinen beruflichen Erfahrungen in der Wirtschaft profitieren können. Natürlich sind gute berufsbegleitende Weiterbildungen unerlässlich. Aber viele Fähigkeiten sind in beiden Bereichen nötig. In vielen Berufen spielen Interaktion, Gesprächsführung, Teamfähigkeit, Flexibilität, (Selbst-)Organisation und Projektarbeit eine große Rolle – leider wurden diese Qualifikationen nicht formell anerkannt.“

Qualifizierte Quereinsteiger*innen sind kein ‚Notnagel‘, sondern eine Bereicherung für Teams. Kitas sind lernende Organisationen, sie müssen sich permanent weiterentwickeln. Da sind Menschen mit verschiedenen Erstberufen, Qualifikationen und Kompetenzen ein Gewinn“, so Christiane Münderlein.
 

Was sollte sich ändern?

Kompetenzorientierung versus Abschlusshörigkeit: Gerade in Bildungsorganisationen spielen lange Ausbildungszeiten und Abschlusszeugnisse eine große Rolle bei der Bemessung von Anerkennung und Qualität. Aufgrund schneller gesellschaftlicher Entwicklungen sind neue Berufszugänge und kompetenzorientierte Personalentwicklungskonzepte zu erproben.

Ausweitung des Fachkraftbegriffs
Wer keine sozialpädagogische Ausbildung hat, muss im Arbeitsfeld Kita als Assistenz- oder Ergänzungskraft beginnen und sich dann hocharbeiten oder die Ausbildung als Erzieher*in absolvieren. Menschen, die mit einer anderen Ausbildung das DQR-6-Niveau erreicht haben, sollten sofort auf Fachkraft-Level vergütet werden, sofern sie bereit sind sich berufsbegleitend pädagogisch zu qualifizieren

Neue Formen der Personalauswahl entwickeln
Durch Forschung in der Frühpädagogik kann man heute sagen, welche Kompetenzen notwendig sind. Gerade bei Quereinsteiger*innen wäre eine differenzierte Auswahl durch modifizierte Formen von Assessment-Centern zu entwickeln. Durch gezielte Coaching-Angebote könnte dann an den individuellen Stärken und Schwächen gearbeitet werden anstatt alle die gleichen Schulungen durchlaufen zu lassen.

Praxismentor*innen - Fachkarriere für Pädagog*innen
Bei multiprofessionellen Teams nimmt die Verantwortung der sozial- und kindheitspädagogischen Fachkräfte für die primär pädagogischen Prozesse zu. Daher brauchen wir die Möglichkeit, ‚Praxismentor*innen“ zu installieren. Das wäre dann auch eine mögliche Fachkarriere für Pädagog*innen.

Drei Säulen der beruflichen Qualifikation
Die „klassische“ Ausbildung, praxisintegrierte Ausbildungsformen, ein (duales) Studium wie auch der Weg über berufsbegleitende Weiterbildungen müssen gleichermaßen anerkannt sein. Alle Ausbildungswege müssen kostenfrei sein, Ausbildungsvergütungen und bei Quereinsteiger- und Traineeprogrammen attraktive Gehälter müssen für Träger finanzierbar sein.
 

Aktuell vertritt der evKITA rund 800 Träger. Derzeit bieten evangelische Kitas bayernweit rund 101.000 Plätze für Kinder in ca. 1. 500 Einrichtungen an. Der evKITA vertritt die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, das Diakonische Werk Bayern und seine Mitglieder in allen Fragen, die Tageseinrichtungen und Tagespflege für Kinder betreffen.


Hier finden Sie die Pressemitteilung als pdf-Datei


 

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