PQB Impuls: Vielfalt in Kitas

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Kitas sind Orte, an denen sich viele Menschen begegnen. Soziale Vielfalt ist vorhanden - auf Seiten der Kinder, deren Eltern und auch auf Seiten der Fachkräfte. Sie ist auch dann vorhanden, wenn sie nicht weiter beachtet oder thematisiert wird.

Welche Facetten der Vielfalt wahrgenommen werden, ist dabei immer auch abhängig von der Aufmerksamkeit für andere Lebensrealitäten und andere Erfahrungen. Sich dessen bewusst zu werden, ist mitunter ein anstrengender Prozess, gilt es doch die eigenen Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster zu reflektieren und sich eigenen wie fremden Erfahrungen von Diskriminierung und Privilegierung bewusst zuzuwenden.

Es geht dabei nicht nur um individuelle Erfahrungen jeder einzelnen Person, sondern um Erfahrungen, die Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit (oder Zuschreibung) zu einer sozialen Gruppe machen. Diese sind so wirkmächtig, weil sie eben nicht nur im Rahmen individueller Interaktionen geschehen, sondern diese Interaktionen oft von vornherein und mitunter grundlegend prägen.


Vielfalt als notwendiges Thema in Kitas

Kitas sind Spiegelbilder der Gesellschaft, keine „neutralen“ Orte. Auch in Kitas können Diskriminierung und Ausgrenzung stattfinden. Manchmal offensichtlich – manchmal subtil und weniger auffällig.

Vorurteile hat wohl jeder Mensch, alleine schon, weil unser Gehirn bei der Verarbeitung von Informationen Muster bildet und Zusammenhänge konstruiert. Dabei greift es auch Erfahrungen und Erwartungen auf (häufig unbewusst und quasi im Affekt). Um Vorurteilen entgegen zu wirken, ist es notwendig, sich eine gewisse Reflexivität anzueignen, Vorurteile bewusst als solche wahrzunehmen und sie Stück für Stück zu reduzieren.

Im zwischenmenschlichen Miteinander in Kitas kann es sehr schnell passieren, dass Trennlinien zwischen „denen“ und „uns“ konstruiert werden (sogenanntes `Othering´). Unterschiede werden dabei in der Regel nicht wertfrei gesehen, sondern häufig als hierarchische Unterschiede zwischen sozialen Gruppen konstruiert. Kinder entwickeln bereits früh ein Gespür dafür, welche Merkmale „bevorzugt“ werden oder „besser“ sind. Einen Überblick hierzu bietet Petra Wagner (2009). 

Kinder haben ein Recht darauf, dass ihr Wohlbefinden stets beachtet wird und sie vor Diskriminierung geschützt werden (UN-Kinderrechtskonvention, Art. 2 und 3). 

Für Kinder in Kitas ist Vielfalt auch deshalb ein wichtiges Thema, weil besonders jene Kinder benachteiligt werden, deren Lebensrealität nicht in Büchern und Spielmaterialien vorkommen. Ihnen wird damit vermittelt, außerhalb der Norm zu stehen, eben nicht „normal“ zu sein. 

Fachkräfte sind hier gefordert, eine bewusste Entscheidung zu treffen, welche Materialien und Lieder ausgewählt und welche Bezeichnungen gewählt werden. Auch wenn in einer Kitagruppe z.B. kein Kind mit dunklem Hautton ist (oder mit Rollstuhl, mit Brille o.ä.), ist es wichtig, die in der Gesellschaft reale Vielfalt zu thematisieren. 

Konflikte zwischen Kindern gehören zum Alltag dazu. Sie sind ein wichtiges soziales Lernfeld, welches von Fachkräften entsprechend begleitet werden muss. Werden Kinder beschämt oder ausgegrenzt, sind Fachkräfte aufgefordert sich klar gegen Diskriminierung zu positionieren. Dies unterstützt nicht nur das betroffene Kind, sondern unterstreicht Werte für die gesamte Gruppe.

Entsprechende Impulse kommen aus verschiedenen Ansätzen wie der Pädagogik der Vielfalt, der vorurteilsbewussten oder inklusiven Pädagogik. 

Stigmatisierung ist in der Kita nicht immer offensichtlich, Diskriminierung kann leicht übersehen werden. Beispielsweise wenn die eigene (oft privilegierte) Perspektive nicht sensibel für die Kraft von Worten oder Macht von Ausgrenzung ist. Oder weil es dem eigenen Anspruch („ich behandle alle Kinder gleich“) nicht entspricht. Der Grund für die Diskriminierung ist dabei nicht wirklich relevant. Egal ob Sprache, Alter, Geschlecht, Herkunft, Glaube oder Körper: Diskriminierung verletzt Menschen und verletzt Rechte - und Ausgrenzung benachteiligt.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Fachkräften und Eltern ist mitunter anfällig für Stereotype, besonders wenn Spannungen und Konflikte das Miteinander prägen. Unpünktlichkeit, Temperament oder Erziehungsstil werden dann mitunter kulturell begründet. Besonders herausfordernd kann es sein, wenn Diskriminierung nicht nur subtil und vielleicht unbewusst, sondern offen stattfindet. Egal ob im Team oder von Eltern – unabhängig wem gegenüber. Auch hier ist es notwendig bewusst zu reagieren, um Abwertung nicht zu relativieren oder zu normalisieren.

Die Verantwortung, sich gegen Diskriminierung zu stellen kann nicht nur der einzelnen Fachkraft übertragen werden, sondern ist gemeinsam von allen im System der Kitas zu nehmen.
 

Und in der Praxis?

Wie reagiere ich auf diskriminierende Äußerungen von Kindern?
Die vorurteilsbewusste Pädagogik beschreibt vier Ziele, die (hier als grober Überblick) Anhaltspunkte für pädagogisches Handeln bieten:

  • Kinder werden in ihrer Identität gestärkt – dazu gehört auch ihre Vorerfahrung und Familienkulturen anzuerkennen.
  • Alle Kinder erleben Vielfalt – Unterschiede werden bewusst thematisiert, wertschätzend und unbefangen, als Annäherung in der gemeinsamen Begegnung.
  • Kritisches Nachdenken über Vorurteile, Einseitigkeiten und Diskriminierung – Fachkräfte reflektieren ihr eigenes Wertesystem, Kinder werden dabei unterstützt, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken und Gemeinsamkeiten zu erkennen.
  • Aktiv gegen Vorurteile und Diskriminierung werden – Kinder lernen unfaires Verhalten anzusprechen, Fachkräfte unterstützen sie dabei und wirken v.a. auch als Vorbild (Wagner, 2009).

Wie reagiere ich auf diskriminierende Äußerungen von Eltern oder Fachkräften?
Das sogenannte Positionsdreieck bietet hier eine schnelle Orientierung zur eigenen Handlungsfähigkeit

  • Diskutieren – ich entscheide mich für einen Dialog, mache z.B. auf verletzende Inhalte aufmerksam, erkundige mich nach Motivation und Sichtweise, teile meine eigene Meinung mit.
  • Positionieren – ich entscheide mich gegen einen Dialog, beziehe z.B. jedoch klar Stellung gegen Diskriminierung; auch um mich mit der diskriminierten Person zu solidarisieren.
  • Etwas anderes tun – ich entscheide mich z.B. bewusst, auf eine Äußerung nicht einzugehen, stattdessen einen anderen Aspekt anzusprechen oder auch die Situation zu verlassen.

In Kitas sind die Beachtung der Kinderrechte und eine gute Interaktionsqualität von besonderer Bedeutung. Ausschlaggebend sind letztendlich jene Erfahrungen, die jedes einzelne Kind dort macht. 

Die Welt ist schließlich bunt – und das ist gut so.

 

Handout: 
Für Vielfalt – gegen Diskriminierung. Handlungsmöglichkeiten für pädagogische Fachkräfte
 

Literatur zum Weiterlesen:


Der Beitrag wurde verfasst von Matthias Kolm, PQB beim evKITA. 


Dieser kurze Impuls soll Ihnen einen konkreten Eindruck vermitteln, an welchen Themen und mit welchen Methoden Sie mit Ihrer/m PQB arbeiten können.

Dieses Projekt wird aus den Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit, Familie und Soziales gefördert.

 

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